Nicht besonders — Schulz sprach zwar lebendiger.
Doch Wahl-"kampf" und Kanzler-"duell" müssten wirklich spannender klingen.
Auch wenn Politiker in Deutschland nach wie vor mit Pathos sparen, was bei unserer Geschichte angemessen ist:
Beide Kandidaten haben wir in anderen Situationen deutlich engagierter erlebt. Der sprecherische Audruck ist objektiv messbar.
Eine komplett seriöse körpersprachliche, stimmliche und sprecherische Analyse würde pro Minute Videomaterial fünf Stunden dauern —
authentischer.de beschränkt sich auf die Schluss-Statements und auf jene Ausdrucksmerkmale, die wesentlich beeinflussen,
ob wir als Zuschauer wach wahrnehmen oder durch die Sprechweise zum Abschweifen animiert werden...
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Die markantesten Unterschiede:
Schulz lässt seine Worte durch Pausen wirken.
Lisa Caspari von ZEIT ONLINE interpretiert dies als stockendes Sprechen.
Diese Sicht teile ich nicht, Schulz hat keine wirklichen Texthänger — er lässt Aussagen durch Pausen wirken und bereitet die nächste Teilaussage konzentriert vor.
Die Inhalte wirken so bedeutsamer für den Zuhörer anstelle im Dauerfluss gesprochen.
Auch seine Augenbewegungen zeugen nicht von Texthängern, wenn, dann von präzisierendem Denken, was situativ gewissenhaft wirkt und überzeugend wirkt.
Angela Merkel lässt in ihren 77 Sekunden Statement keine einzige Pause zu, die eine Sekunde oder länger dauert — Martin Schulz lässt in seinen 87 Sekunden 12 solche Pausen wirken. Das passt zur Neugier der Zuschauer, bleibt spannender. Merkel speist uns im gewohnten Routine-Fließbandmodus mit Informationen ab.
Schulz hebt 17 mal seine Stimme deutlich über den Ambitus einer Oktave, davon sieben mal nicht wie häufig bei Sprechern am Anfang der Phrase, sondern sinnunterstreichend für den Hauptakzent der Aussage. Merkel nur vier mal.
Merkel beendet 11 mal die Sinneinheiten nicht mit dem Absenken der Stimme in die "Lösungstiefe", was wiederum routiniert aufzählend bis langatmig klingt statt kurz und prägnant. Schulz tut dies nur zweimal.
Merkel senkt die Stimme jedoch auch 15 mal — Schulz 14 mal.
Doch überfrachtet sie mit insgesamt 19 Denkschritten viele Zuhörer, das ist eine neue Sinneinheit alle vier Sekunden.
Die Taktung ist bei Schulz auch nicht gerade niedrig, doch schont er uns mit 5,8 Sekunden vergleichsweise.
Soweit führt Schulz mit vier Punkten (2:-2). Beide signalisieren mimisch und gestisch ab und an dezent-deutliche Abweichungen von der Standardmimik (körpersprachlichen Baseline). Merkel sieben mal, Schulz sechs mal — und geben sich damit nicht viel.
Wobei Schulz diesbezüglich während des Interviews deutlich kontrastreicher performte als Merkel. Merkel punktet zum Schluss noch mit einem Lächeln. So steht es 2:-1 für Schulz.
Soweit die paraverbale und nonverbale Kurzanalyse. Dieses Ergebnis deckt sich freilich nicht mit den Umfragen. Die Diskussion ist eröffnet... Was die inhaltliche Rhetorik betrifft war Merkel auch nicht spannungsvoller als Schulz.
Diesbezüglich gibt es einige Beiträge — aber machen Sie sich doch den Spaß, die Transkripte dieser Passagen mal auf blablameter.de einzugeben, dann erhalten Sie einen spannenden Quotienten :-)